Lost in Hyperspace: Warum man in produktiven Phasen nicht recherchieren sollte

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Das Internet ist ein fantastisches Recherchewerkzeug. Es kann aber auch leicht zum Zeitfresser werden. Der Beitrag gibt Tipps, wie man trotzdem produktiv bleibt.

von Jochen Plikat

In einem alten persischen Märchen reisen drei Prinzen von der Insel Serendip, dem heutigen Sri Lanka, nach Indien. Dort nehmen sie am Wegesrand vieles wahr, das sie gar nicht gesucht haben. Diese Informationen verwenden sie auf ausgesprochen intelligente Weise. In bester Sherlock-Holmes-Manier helfen sie zum Beispiel dabei, ein verschollenes Kamel aufzuspüren. Heute wird solche besondere Wachheit und Offenheit für Fundstücke aller Art in Anlehnung an das Märchen oft als serendipity („Serendipität“) bezeichnet.

Prinzipiell ist diese Haltung äußerst empfehlenswert. Sie kann sogar zu kreativen Geistesblitzen führen. Hierfür wird oft eine epochale Entdeckung des schottischen Bakteriologen Alexander Fleming als Beispiel genannt. Ihm fiel 1928 im Labor auf, dass das Wachstum bestimmter Bakterienkulturen gehemmt wurde, wenn die entsprechende Petrischale verunreinigt war. Andere hätten diese Proben vielleicht als unbrauchbar entsorgt. Fleming stellte jedoch die richtige Verbindung zwischen dem Absterben der Bakterien und der Verunreinigung her, die, wie er herausfand, aus bestimmten Schimmelpilzen bestand. Er legte damit die Grundlagen für die Entwicklung des Penicillin, das Millionen von Menschen das Leben retten sollte. Nicht übel für ein Fundstück am Wegesrand.

Neue Verbindungen zwischen Informationen lassen sich heutzutage besonders leicht im Internet herstellen. Es bietet uns über Hyperlinks geradezu ideale Bedingungen, um bei der Recherche die Vernetztheit verschiedener Informationen zu entdecken. Und manchmal entwickeln wir auf diesen Entdeckungsreisen sogar neue Ideen.

Auch bei der gewöhnlichen Recherche für einen Artikel, einen Vortrag oder eine Abschlussarbeit stößt man oft auf Informationen, nach denen man gar nicht gesucht hat, und verarbeitet sie für das eigene Vorhaben. Diese Fundstücke machen die Recherche oft besonders spannend. Die Kehrseite ist aber, dass aus einem Vormittag, den man für die Ausarbeitung eigener Gedanken eingeplant hatte, schnell eine mehrstündige Jagd nach Information werden kann. Gerade beim Schreiben, einer oft mühsamen Tätigkeit, die eine tiefe Konzentration erfordert, kann das Überprüfen eines Begriffs oder eines Zitats im Internet zu längeren, durchaus unterhaltsamen und vielleicht auch erkenntnisreichen, aber eben nicht gerade produktiven Unterbrechungen führen.

Keine Frage, die Verfügbarkeit von Information im Internet ist für jeden Wissensarbeiter ein Segen. Wenn man diese Quelle aber wirklich produktiv nutzen möchte, ohne sich im Hyperspace zu verlieren, können folgende Regeln helfen:

  • Recherche: Recherchieren ist mehr als Lesen. Bereite die recherchierten Informationen so auf, dass sie bei Bedarf schnell verfügbar sind. Lies z.B. immer mit einem Textmarker in der Hand, lege sinnvolle Exzerpte an (z.B. in Zotero) und führe ein Recherche-Notizbuch (in Papierform oder digital).
  • Auswahl: Sortiere die zusammengetragenen Informationen. Wähle aus, was Dir für Dein Projekt besonders wichtig erscheint. Markiere in Deinen Notizen und Exzerpten Schlüsselgedanken, wichtige Zitate, hinzugefügte eigene Ideen, etc.
  • Sättigung: Akzeptiere, dass Du bei fast jedem Thema die Recherche bis ans Ende Deiner Tage fortsetzen könntest. Entscheide bewusst, wann es genug ist, und arbeite dann auf dieser Grundlage weiter.
  • Produktion: Entwickle Deine eigenen Gedanken auf der Grundlage Deiner Recherche. Widerstehe der Versuchung, Fragen, die jetzt anfallen, sofort durch neue Recherche zu klären. Füge stattdessen an den entsprechenden Stellen Markierungen ein, z.B. über die Kommentarfunktion in Deinem Textverarbeitungsprogramm oder über eine leicht wieder auffindbare Buchstabenkombination wie „xyz“ im Fließtext. Kläre diese Fragen später.
  • Überarbeitung: Arbeite die gesammelten Fragen stapelweise ab. Bleibe auch in dieser Phase möglichst konsequent bei der Sache, d.h. bearbeite wirklich nur die Fragen, die Du in der produktiven Phase notiert hast.
  • on-/offline-Balance: Gehe so oft wie möglich komplett offline. Deaktiviere die WLAN-Funktion an Deinem Rechner, aktiviere den Flugmodus an Deinem Smartphone. Vergiss für eine Weile die Welt da draußen und genieße die Phasen tiefer Konzentration.

Wie gehst Du mit der Informationsflut des Hyperspace um? Hinterlass einen Kommentar!

Bildnachweis: Meditation Labyrinth by Nancy McClure on flickr.com (creative commons-Lizenz, bestimmte Rechte vorbehalten: CC BY 2.0)

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