Es ist ein lange gehegter Wunsch von Sicherheitsbehörden, jederzeit leicht auf Daten zugreifen zu können – selbst wenn diese verschlüsselt sind. Schwache Verschlüsselung und digitale Hintertüren sorgen aber insgesamt nicht für mehr, sondern für weniger Sicherheit.
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Amerikanische Sicherheitsbehörden fordern mit Unterstützung der Regierung von führenden Herstellern von Telekommunikationsgeräten, dass diese in ihre Geräte so genannte Hintertüren einbauen. Diese sollen es den Sicherheitsbehörden ermöglichen, im Rahmen von Ermittlungen auf die Kommunikationsdaten von Kriminellen zuzugreifen. Die Hersteller wehren sich mit dem Argument, dass Hintertüren das Vertrauen und die Sicherheit aller Kunden unterminieren würden. Bürgerrechtsorganisationen wenden zudem ein, dass das Recht auf Privatsphäre schwerer wiege als die Interessen der Behörden. Programmierer geben darüber hinaus zu bedenken, dass Systeme entweder sicher oder unsicher sind. Sie können keine Dienstausweise und Durchsuchungsbefehle überprüfen, wenn jemand an die digitale Hintertür klopft. Hintertüren seien also allgemein unsicher – nicht nur Behörden, sondern auch Kriminelle, Hacker und fremde Geheimdienste könnten sie öffnen. Schließlich lenkt die Regierung ein, die Forderungen nach digitalen Hintertüren sind vom Tisch.
Die geschilderte Debatte ist nicht neu, sondern wurde schon in den 1990er-Jahren in den USA zu Zeiten der Clinton-Regierung geführt. Sie ging als so genannte Crypto Wars in die Geschichte ein. Eigentlich wurde schon damals alles zum Thema gesagt – aber anscheinend noch nicht von allen. Anders ist kaum zu erklären, dass die Debatte mit großer Regelmäßigkeit erneut geführt wird. Zwar melden sich jedes Mal neue Akteure zu Wort, aber im Grunde immer in der exakt gleichen Konstellation. Man spricht daher auch von den Crypto Wars 2.0, 3.0 usw. Ein Kernargument der Befürworter von Hintertüren lautet dabei immer:
Macht Euch keine Sorgen, wenn Eure Geräte Hintertüren haben. Nur wir haben den Schlüssel und werden gut auf ihn aufpassen.
In diesen Tagen findet eine deutsch-französische Konsultation statt, bei der es erneut um die Frage geht, ob Hintertüren in Verschlüsselungssoftware eine gute Idee (in dieser Ecke des Boxrings haben Teile der Politik und Sicherheitsbehörden Stellung bezogen) oder eine schlechte Idee sind (in dieser Ecke wärmen sich Bürgerrechtsorganisationen, Software-Hersteller und Experten für Cyber-Sicherheit zum Sparring auf) (erfahre mehr).
Eigentlich könnte man die Debatte schon jetzt beenden, denn nicht nur hinreichend bekannte theoretische Überlegungen sprechen für starke Verschlüsselung ohne Hintertüren (eine gute Zusammenfassung dieser Position findet man hier). Auch die Empirie zeigt, dass Behörden keine Schlüssel für Hintertüren haben sollten. So haben vermutlich russische Hacker gerade ein Bündel an hochwertigen Hacking-Tools veröffentlicht. Diese wurden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aus dem Werkzeugkasten der NSA entwendet (erfahre mehr). Wer aber unfähig ist, seinen Werkzeugkasten zu schützen, wird auch seinen Schlüsselkasten nicht schützen können.
Der amerikanische Sicherheitsexperte Christopher Soghoian erinnert aus diesem Anlass an die Auseinandersetzung zwischen Apple und dem FBI, die im Frühjahr 2016 in Zusammenhang mit den Ermittlungen in einem Terrorfall ausgetragen wurde. Apple weigerte sich damals, eine Hintertür für iPhones bereitzustellen – zu Recht, wie die aktuellen Ereignisse zeigen.
Soghoian fasst auf Twitter süffisant zusammen:
Apple: If we’re forced to build a tool to hack iPhones, someone will steal it.
FBI: Nonsense.
Russia: We just published NSA’s hacking tools
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Brauchen Smartphones Hintertüren? by Jochen Plikat is licensed under CC BY-NC-ND 4.0.
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6 Gedanken zu “Brauchen Smartphones Hintertüren?”