Die Mitleser


Der Internetkonzern Yahoo ist seit längerer Zeit auf Schlingerkurs. Jetzt kam die Information an die Öffentlichkeit, dass die E-Mails aller Yahoo-Nutzer in staatlichem Auftrag gescannt wurden.

Geschätzte Lesezeit für diesen Artikel: 2 Minuten

Yahoo kommt auch 4 Jahre, nachdem Marissa Mayer das Ruder übernommen hat, nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Jetzt stellte sich heraus, dass Yahoo 2015 in einer geheimen Gerichtsanordnung angewiesen wurde, alle über Yahoo-Server verschickten oder empfangenen Nachrichten und sonstigen Daten zu scannen – und dass Yahoo kooperiert hat.

Solche Anweisungen sind in den USA in der Regel mit einem Maulkorberlass versehen (gag order), das heißt die betroffene Person oder Firma darf unter Strafandrohung nicht über die Anweisung sprechen. In diesem Licht ist dann auch der Eiertanz zu bewerten, den Yahoo beim Dementieren vollführt hat (erfahre mehr). Die Beschwichtigung der Nutzer, die er beabsichtigt, kann man getrost ignorieren. Yahoo hat, kurz vor der geplanten Übernahme durch Verizon, sein #yahoogate.

Das Vertrauen in Yahoo hat hierdurch einen weiteren Schlag mit dem Vorschlaghammer abbekommen – nachdem erst kürzlich bekannt wurde, dass Hacker Ende 2014 500 Millionen Datensätze über Nutzer erbeutet hatten (erfahre mehr). Bissige Kommentatoren auf den einschlägigen Technologie-Seiten verspotten alle, die Yahoo weiterhin die Treue halten, schon offen als “technologically challenged”.

Ich kann mich der Empfehlung, die Yahoo-Mailadresse nicht mehr für den regulären E-Mail-Verkehr zu verwenden, nur anschließen. Das gleiche gilt aber für jeden anderen werbefinanzierten Freemail-Dienst, sei es Gmail, Web.de, Gmx oder ein anderer. Nur Selbstschutz hilft gegen die Seuche der flächendeckenden E-Mail-Überwachung.

Wie aber kann man sich schützen?

Der erste Schritt besteht darin, zu einem E-Mail-Anbieter zu wechseln, der hohe Datenschutzstandards einhält (z. B. Posteo oder Mailbox.org, die Sieger im aktuellen Test der Stiftung Warentest, erfahre mehr). Ein Wechsel allein genügt aber noch nicht: Selbst von einem Konto bei einem dieser Anbieter aus wird man weiterhin mit Menschen kommunizieren, die ihr Konto bei einem werbefinanzierten Mitlese-Anbieter haben. Nur das Verschlüsseln von E-Mails verhindert wirksam, dass ihr Inhalt gescannt wird, von wem auch immer. Wie Verschlüsselung funktioniert, kann man hier nachlesen.

Viele Nutzer fragen sich in Zusammenhang mit Yahoogate, ob man alte E-Mail-Konten, die man nicht mehr nutzt – z. B. weil sich der Anbieter in Sachen Datenschutz als desaströs herausgestellt hat – endgültig schließen sollte. Ich halte das für eine schlechte Idee: Sobald der Nutzername freigegeben wäre, könnte ihn jemand für ein neues Konto verwenden.

Wie bewertest Du das Scannen von E-Mails bei Yahoo? Hinterlass einen Kommentar!

Findest Du diesen Beitrag interessant?
→ Teile ihn mit Deinen Freunden (klicke unten auf einen der Buttons)
→ Folge dem Autor auf Twitter (@JochenPlikat) oder abonniere neue Beiträge als E-Mail (klicke oben rechts auf „Folgen“)
→ Unterstütze diese Seite mit einer Spende (klicke oben rechts auf „Donate”)

Die Mitleser by Jochen Plikat is licensed under CC BY-NC-ND 4.0
Bildnachweis: Flip Flap Reading by alexramos10 is licensed under CC0 Public Domain

0 Gedanken zu “Die Mitleser

  1. Ich frage mich, ob der Wechsel zu einem Mailanbieter, der Gerichtsbeschlüsse ignorieren kann, wirklich eine gute Idee ist. Und wenn (als Beispiel mal Posteo) der Anbieter zur Integration von ‘Klartext’ Abhörschnittstellen gesetzlich gezwungen wird, bekommt der Anwender nichts davon mit. Wie bei Yahoo. Oder er macht seinen Dienst dicht.

    1. Hmm, ich glaube ich verstehe Deine Argumentation nicht ganz. Ein Gerichtsbeschluss wie der, von dem wir jetzt in Zusammenhang mit Yahoo erfahren haben, ist meines Wissens bei deutschen Anbietern (noch?) nicht möglich. Es geht also nicht darum, zu einem Mailanbieter zu wechseln, der Gerichtsbeschlüsse ignorieren kann, sondern zu einem, der nicht von solchen Beschlüssen bedroht ist.
      Aber, ja, ein Wechsel des Anbieters reicht noch nicht. Wenn man sich wirklich wirksam vor Mitlesern schützen will, muss man verschlüsseln.
      Und in jedem Fall muss man sich klarmachen, dass die Metadaten bei E-Mails kaum zu schützen sind.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert