Die Windows-Falle

In einer sehenswerten aktuellen ARD-Doku geht es um die Abhängigkeit öffentlicher Einrichtungen von Microsoft. Fazit: Wir sitzen in der Windows-Falle.

Geschätzte Lesezeit für diesen Artikel: 4 Minuten

Der gerade bekannt gewordene Hacker-Angriff auf die Netzwerke deutscher Bundesbehörden (“Bundeshack”) ist nur der jüngste in einer langen Serie von IT-Pannen. Ein ums andere Mal machen solche Angriffe deutlich, wie verletzlich unsere Rechner und somit unsere Daten sind. Das gilt in gleichem Maße für Privatpersonen wie für Firmen, Behörden und andere öffentliche Einrichtungen.

Besonders häufig sind die Produkte aus dem Hause Microsoft das Ziel von Angriffen, im aktuellen Fall anscheinend das E-Mail-Programm Outlook (erfahre mehr). Ob diese besonders unsicher sind steht hier nicht zur Diskussion, auch wenn viele Experten genau das befürchten. Tatsache ist, dass sich Angriffe auf Microsoft-Produkte wegen ihrer enormen Verbreitung besonders lohnen. Schadsoftware kann in einer solchen digitalen Monokultur eine enorme Wucht entfalten. Erinnern wir uns beispielsweise an den WannaCry-Verschlüsselungstrojaner, der sich im Mai 2017 in atemberaubender Geschwindigkeit um den Globus verbreitete (erfahre mehr).

Dieses (1.) Sicherheitsargument wäre alleine schon Grund genug, um den unreflektierten Einsatz von Microsoft-Software ernsthaft zu überdenken. Daneben gibt es aber noch einige weitere, mindestens ebenso gewichtige Argumente:

(2.) Das vergaberechtliche Argument: Öffentliche IT-Ausschreibungen in Europa richten sich häufig nur an Microsoft-Partner. Hierdurch werden konkurrierende Angebote, z. B. auf der Basis von Linux, von vorneherein ausgeschlossen. Nach Meinung von Experten handelt es sich dabei um eine kontinuierliche Missachtung von EU-Vergaberecht.

(3.) Das Kostenargument: Für Microsoft-Produkte fallen schon jetzt Lizenzgebühren in Milliardenhöhe an. Diese könnten von dem Konzern nach Belieben weiter erhöht werden, falls die gängige IT-Monokultur in Zukunft noch weiter um sich greifen sollte. Durch den Einsatz von Open-Source-Software könnten dagegen Ausgaben für Lizenzgebühren in enormem Umfang eingespart werden. Teile der auf diese Weise freigesetzten Mittel könnten für Supportdienstleistungen, für Schulungen oder für die Förderung von innovativen Open-Source-Projekten ausgegeben werden.

(4.) Das Transparenzargument: Niemand hat einen Überblick über die tatsächlichen Kosten, die für den Einsatz von Microsoft-Produkten in Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen anfallen. Glaubt man der Darstellung in der ARD-Doku, dann bekommen Journalisten auf Nachfrage häufig lediglich Verträge zu sehen, in denen wichtige Passagen – z. B. zu den Kosten – geschwärzt sind.

(5.) Das Open-Source-Argument: Microsoft-Produkte sind Closed Source. Hierdurch haben Nutzer – egal ob Privatpersonen, Firmen oder Behörden – keine Möglichkeit zu kontrollieren, was im Hintergrund genau passiert und welche Daten tatsächlich in die USA übertragen werden. Spätestens seit den Snowden-Enthüllungen ist zudem klar, dass auch mit Hintertüren für amerikanische Geheimdienste gerechnet werden muss. Man stelle sich umgekehrt vor, amerikanische Behörden (inklusive Regierung und Militär) nutzten die Programme eines ausländischen Software-Herstellers, ohne selbst den Quellcode überprüfen zu können – undenkbar.

(6.) Das Standortargument: Die Abhängigkeit von Microsoft verhindert effektiv das Entstehen einer nennenswerten europäischen IT-Industrie. Firmen, die bei Ausschreibungen mit Microsoft konkurrieren könnten, sind chancenlos, wenn von Anfang an feststeht, dass Microsoft den Zuschlag bekommen wird.

Leider bekommt man angesichts der designierten Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), bislang wenig Hoffnung, dass das Thema Microsoft vs. Open Source endlich da landet, wo es hingehört: ganz oben auf die Agenda. Sie scheint sich mehr für fliegende Autos zu interessieren. Damit hat sie sich schon vor ihrem Amtsantritt den Spott der Netzgemeinde zugezogen: #Flugtaxi.

Hier geht es direkt zur ARD-Doku “Das Microsoft-Dilemma”. Sie ist noch bis
19.5.2018 abrufbar.

Mehr zu den erforderlichen Konsequenzen aus dem Bundeshack z. B. hier.

Wie siehst Du den Einsatz von Microsoft-Software in öffentlichen Einrichtungen? Hinterlass einen Kommentar!

Findest Du diesen Beitrag interessant?
→ Unterstütze diese Seite mit einer Spende (entweder via PayPal in € oder in einer Kryptowährung; Details siehe oben rechts auf dieser Seite)
→ Teile den Beitrag mit Deinen Freunden (klicke unten auf einen der Buttons)
→ Folge dem Autor auf Twitter (@JochenPlikat)
→ abonniere neue Beiträge als E-Mail (klicke oben rechts auf „Folgen“)

Das Windows-Dilemma by Jochen Plikat is licensed under a CC BY-NC-ND 4.0 license
Bildnachweis: Backstein Fenster by anaterate is licensed under a CC0 license

0 Gedanken zu “Die Windows-Falle

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert