Die Hersteller von Software haben ein massives Interesse daran, Ihr Produkt als Standardanwendung zu etablieren, idealerweise gleich zusammen mit dem Betriebssystem. Hohe Marktanteile sind auf diesem Weg gesichert. Sogar die Kartellbehörden interessieren sich für die Frage. Microsoft musste 2013 für seine Weigerung, den Windows-Nutzern alternative Browser wie Firefox, Opera, Chrome oder Safari anzubieten, eine Strafe in Höhe von 561 Millionen Euro bezahlen.
Die Frage nach der richtigen Software ist aber auch aus der Sicht der Nutzer sehr wichtig. Viele kennen inzwischen den Unterschied zwischen Microsoft Windows und Microsoft Office. Sie benutzen nicht mehr einfach die Programme, die ab Werk vorinstalliert sind oder eben den größten Marktanteil haben, und sind bereit, auch einmal eine Alternative auszuprobieren. In Deutschland etwa hat der quelloffene Browser Firefox 2013 mit 32 % sogar deutlich die Nase vorn.
In jedem Fall gilt, dass die Verwendung einer bestimmten Software eine Bindung über mehrere Jahre bedeuten kann. Es lohnt sich also, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, aus welchem Grund man für eine bestimmte Aufgabe eine bestimmte Software verwendet – und keine andere. Oft sind die Unterschiede in Bezug auf die Bedienbarkeit, den Preis, die Sicherheit und nicht zuletzt die Produktivität ganz erheblich. Welche Kriterien sollte man also im Blick haben?
1. Macht das Programm, mit dem ich arbeite, meine Arbeit effektiver und effizienter? Bringt es sie vielleicht sogar auf ein höheres Qualitätsniveau?
Beim Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit oder eines Buches muss man eine Flut von Publikationen im Blick haben, diese dokumentieren und im Text immer wieder auf sie verweisen. Das kann man z.B. mit einer normalen Textdatei tun, in der man die Titel auflistet. Das Problem dabei ist aber, dass man alle nachträglichen Änderungen manuell eintragen muss – für jeden einzelnen Titel. Was, wenn der Dozent oder der Herausgeber die Buchtitel am Ende doch in Kursivschrift haben möchte, die Namen der Autoren aber nicht? Außerdem ist das Vorgehen sehr fehleranfällig.
Suche für Aufgaben, mit denen Du Dich regelmäßig beschäftigst, nach besseren Programmen. Für die Literaturverwaltung etwa sind viele komfortable Lösungen auf dem Markt. Die Informationen werden dort nicht als reiner Text gespeichert, sondern auch mit „Metainformation“ versehen. So „weiß“ der Computer, was für einen Titel, einen Verlag, einen Verlagsort usw. steht. Damit ist es leicht möglich, nachträglich das Literaturverzeichnis nach veränderten Zitiernormen zusammenzustellen – mit wenigen Mausklicks und sehr einheitlich. Programme hierfür sind Zotero, citavi, BibTeX, Endnote und andere. Persönlich arbeite ich mit Zotero. Für viele andere Aufgaben gibt es ebenfalls eine Vielzahl an Programmen: E-Mails schreiben und verwalten, Navigation im Internet, Datensicherung in der Cloud, …
2. Kann ich das Programm weiter benutzen, wenn ich auf ein anderes Betriebssystem umsteigen oder es parallel verwenden möchte?
Die Zeiten, in denen eine Person einen Rechner – und nur einen – über mehrere Jahre benutzte, sind vorbei. Der Normalfall ist heute, je nach Situation mit unterschiedlichen Geräten und Plattformen zu arbeiten. In meinem Fall ist das ein Windows-7-Rechner im Büro, ein weiterer zu Hause, ein Android-Smartphone und ein Android-Tablet. Vielleicht möchte ich aber irgendwann auf Mac oder Linux umsteigen?
Gib daher Programmen, die für mehrere Plattformen verfügbar sind, den Vorzug. Aus diesem Grund bin ich für die Literaturverwaltung kürzlich von citavi, einem reinen Windows-Programm, auf Zotero umgestiegen, das für Windows und Mac verfügbar ist. Zotero hat außerdem den Vorteil, dass man jederzeit über einen Browser auf den Literaturbestand zugreifen und diesen bearbeiten kann.
3. Kann ich die Daten, mit denen ich arbeite, ohne Aufwand über die Cloud sichern und auf mehreren Geräten synchron halten?
Die regelmäßige Arbeit auf mehreren Geräten ist nur dann komfortabel, wenn die Daten automatisch über das Internet abgeglichen werden. Das geht für einzelne Dateien z.B. mit Dropbox oder Wuala. Wenn die Software aber mit einer komplexen internen Datenbank arbeitet, sollte man unbedingt auf die Möglichkeit der Synchronisation über die Cloud achten. Programme wie Zotero, Evernote und Anki, mit denen ich täglich arbeite, bieten diese Möglichkeit.
4. Wie sieht es mit dem Schutz meiner Daten aus?
Die Synchronisierung und Sicherung von Daten über die „Cloud“, d.h. über einen Server im Internet, ist ausgesprochen komfortabel. Cloud Computing ist aus diesem Grund einer der großen Trends der letzten Jahre. Allerdings gibt man dabei seine beruflichen und persönlichen, oft sensiblen Daten aus der Hand. Es lohnt sich also, die Datenschutzpolitik der verschiedenen Anbieter zu vergleichen. Nicht jeder muss Industriespionage abwehren, aber auch die Privatsphäre ist ein hohes Gut.
Die Sicherheit von Daten wird von den verschiedenen Anbietern unterschiedlich gehandhabt. Manche verschlüsseln zwar die Übertragung, auf dem Server selbst liegen die Daten aber unverschlüsselt. Nur der Zugang ist mit einem Passwort gesichert. Prinzipiell können daher die Mitarbeiter der Firma, Hacker oder Geheimdienste auf die Daten zugreifen, wenn sie Zugang zum Server verschaffen. Bei Cloud-Diensten wie z.B. Wuala verlassen die Daten dagegen niemals unverschlüsselt die lokale Festplatte.
5. Was kostet mich der Spaß?
Durch die vielen Gratisangebote im Internet hat sich in Bezug auf Software eine allgemeine Umsonst-Mentalität ausgebreitet. Aber ist das die optimale Einstellung? Abgesehen von der grundsätzlichen Bereitschaft, für ein ausgezeichnetes Programm auch ein paar Euro zu bezahlen, sollte man sich auch überlegen, welchen versteckten Preis man für Gratis-Software oft bezahlt: Wird man vielleicht mit Werbung bombardiert? Erledigt man seine Aufgaben vielleicht weniger effizient und bezahlt daher mit einer sehr wertvollen Währung – Zeit?
Bei ansonsten gleicher Qualität spricht nichts dagegen, sich für das billigere oder sogar gratis verfügbare Produkt zu entscheiden. Oft lohnt es sich aber, ein paar Euro zu investieren. Wenn man das mit der Zeitersparnis und der evtl. gesteigerten Produktivität verrechnet, fällt die Entscheidung oft sehr leicht. Den sehr moderaten Preis für scrivener etwa habe ich nach 30 Tagen Testphase ohne zu zögern bezahlt. Der Gegenwert besteht in einer hochwertigen Software, die durch seine nicht-lineare Struktur das Schreiben längerer Texte sehr erleichtert.
Nach welchen Kriterien suchst Du die Programme aus, mit denen Du arbeitest?
Bildnachweis: Newspaper dog thinking RSS by Stylianos Mystakidis on flickr.com (creative commons-Lizenz, bestimmte Rechte vorbehalten: CC BY 2.0)