Signal, Threema oder Telegram?

Viele Nutzer sind aktuell auf der Suche nach einer WhatsApp-Alternative. Welcher Krypto-Messenger ist zu empfehlen?

Geschätzte Lesezeit für diesen Artikel: 4 Minuten

Der Facebook-Konzern hat eine Aktualisierung der Datenschutzbestimmungen für WhatsApp angekündigt. Alternative Krypto-Messenger haben daher zur Zeit Hochkonjunktur. Viele Nutzer zögern aber noch mit der Entscheidung für einen von ihnen, denn dabei ist ein ganzes Bündel an Kriterien zu berücksichtigen. Die wichtigsten dieser Kriterien sind:

  • Datenschutz
  • Funktionalität
  • Nutzerfreundlichkeit

Nun gibt es drei Krypto-Messenger, die sehr häufig als WhatsApp-Alternativen genannt werden: Signal, Threema und Telegram. Welcher von ihnen bietet den besten Schutz der Daten bei gleichzeitig möglichst umfassender Funktionalität und bestmöglicher Nutzbarkeit? Sehr detaillierte Informationen über diese Fragen findet man auf der Webseite des IT-Sicherheitsexperten Mike Kuketz, der neben Signal, Threema und Telegram noch sechs weitere Krypto-Messenger vorstellt.

In der Diskussion um alternative Krypto-Messenger wird aber ein Faktor oft übersehen – oder zumindest nicht hinreichend in das Gesamturteil einbezogen: Welcher von ihnen erfüllt die genannten Kriterien möglichst gut – und hat gleichzeitig realistische Chancen, sich auf dem Massenmarkt durchzusetzen? Der beste Krypto-Messenger nutzt nämlich nichts, wenn man kaum Kontakte hat, die ihn ebenfalls verwenden. Man ist hier in hohem Maße auf einen positiven Netzwerkeffekt angewiesen.

Zunächst zu Telegram: Telegram hat in der Tat bereits eine beeindruckende Nutzerzahl (ca. 500 Millionen, Stand Ende Januar 2021). Dennoch scheidet Telegram aus meiner Sicht als sinnvolle WhatsApp-Alternative aus, weil auch hier in Bezug auf den Datenschutz leider erhebliche Bedenken angebracht sind. So werden in großem Umfang Metadaten erhoben, und es ist völlig unklar, was genau mit ihnen passiert. Chats sind außerdem standardmäßig unverschlüsselt – was bei anderen Messengern automatisch aktiviert ist, muss man hier manuell einstellen. Bei Gruppen-Chats ist die Verschlüsselung zudem gar nicht möglich. Weitere Mängel von Telegram kann man im oben verlinkten Beitrag von Mike Kuketz oder z. B. hier nachlesen.

Es bleiben also Threema und Signal.

Threema ist insgesamt ohne Zweifel einer der besten aktuell verfügbaren Krypto-Messenger. Es gibt allerdings zwei Faktoren, die es aus meiner Sicht unwahrscheinlich machen, dass sich Threema jemals auf dem Massenmarkt durchsetzen wird.

  • Threema ist an keine Handynummer gebunden. Das ist in Bezug auf den Datenschutz zwar ein Vorteil, hat aber den Nachteil, dass man sich bei der Registrierung eine individuelle so genannte Threema-ID notieren und diese den Kontakten mitteilen muss, mit denen man über Threema kommunizieren möchte. Das dürfte vielen Nutzern zu umständlich sein. Alternativ dazu kann man die Threema-ID mit der eigenen Telefonnummer verknüpfen – dann ist aber eines der Hauptargumente hinfällig, die für Threema sprechen.
  • Threema ist kostenpflichtig (aktuell einmalig ca. 4 €). Auch dies ist eigentlich ein Vorteil, denn es spricht für ein transparentes Finanzierungsmodell. Dennoch dürfte auch dieser Faktor viele Nutzer abschrecken.

Ich möchte diese beiden Faktoren hier keineswegs kritisieren – im Gegenteil. Vor allem die Unabhängigkeit von einer Telefonnummer ist für den Datenschutz sogar eindeutig ein Vorteil. Nur so ist eine wirklich anonyme Nutzung prinzipiell möglich. Im Hinblick auf die Chancen des Messengers, sich auf dem Massenmarkt durchzusetzen, sind die beiden genannten Faktoren jedoch – leider – große Nachteile.

Bei Signal existieren diese beiden Hürden nicht. Zudem schneidet Signal in puncto Datenschutz, Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit ganz hervorragend ab.

Schließlich ist für Signal noch ein weiteres Argument anzuführen. Es dürfte gerade für jene Nutzer interessant sein, welche die Zahl der installierten Messenger möglichst gering halten wollen: Signal kann nicht nur Signal-Nachrichten verwalten, sondern auch gewöhnliche SMS. Wer Signal installiert und die App als Standard-SMS-App konfiguriert, verliert nichts, gewinnt aber eine Menge: jede SMS wird dann automatisch als sichere Signal-Nachricht verschickt, sobald der entsprechende Kontakt ebenfalls Signal installiert hat. Leider kann Signal nur auf Android-Geräten als Standard-SMS-App konfiguriert werden – iOS lässt dies bislang nicht zu.

Mike Kuketz kommt zu einem Fazit, das ich in vollem Umfang unterschreiben möchte:

Die Signal Foundation verfolgt nicht den Ansatz, den sichersten und datenschutzfreundlichsten Messenger zu bauen – dafür gibt es Briar. Das Ziel der Signal Foundation ist verschlüsselte Kommunikation der Allgemeinheit zugänglich zu machen und gleichzeitig eine hohe Benutzerfreundlichkeit und Datensparsamkeit zu bieten. Ein Drahtseilakt, der bisher ausgezeichnet gelingt.

Das scheinen inzwischen auch die Nutzer zu würdigen. So liegt die Zahl der Downloads im Google Play Store für Threema aktuell bei 1.000.000+ Downloads, für Signal dagegen bei 50.000.000+ (Stand Ende Januar 2021).

Mit anderen Worten: Schon jetzt hat Signal eine Zahl an Nutzern erreicht, bei der positive Netzwerkeffekte spürbar greifen. Meine kurze und knappe Antwort auf die Frage, ob man Signal, Threema oder Telegram installieren sollte, fällt daher eindeutig zugunsten von Signal aus.

Mit dieser Einschätzung befinde ich mich übrigens in guter Gesellschaft.

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Signal, Threema oder Telegram? by Jochen Plikat is licensed under a CC BY-NC-ND 4.0 license
Bildnachweis: Wegweiser by No-longer-here is licensed under the Pixabay License

0 Gedanken zu “Signal, Threema oder Telegram?

  1. Dazu muss man aber noch sagen, dass Signal zwingend mit der Telefonnummer verknüpft werden muss und hier eine Datenlücke entsteht. Bitte nicht Fakten weglassen, damit man ein eindeutiges Fazit pro Signal ziehen kann. Das ist Irreführung!!!!!!

    1. Vielen Dank für Deinen Kommentar. Die Verknüpfung mit einer Telefonnummer ist bei Signal in der Tat aus Datenschutzsicht ein Problem – der Verzicht auf diese Verknüpfung wäre aus Nutzersicht aber eine Hürde. Bei Signal existiert diese Hürde nicht, und das ist sicher ein Grund für den großen Erfolg der App. Daher steht im Text: “Bei Signal existieren diese beiden Hürden nicht.” (Gemeint sind der Verzicht auf die Verknüpfung mit einer Telefonnummer – Hürde 1 – und eine Bezahlung durch die Nutzer – Hürde 2).
      Das Problem der Verknüpfung mit einer Telefonnummer habe ich in einem anderen Beitrag noch einmal ausführlicher thematisiert: https://jochen-plikat.com/2021/03/16/session-anonymer-kryptomessenger/
      Also, bevor Du mir (oder anderen Bloggern) mit vielen Ausrufezeichen versehen unterstellst, ich würde “Fakten weglassen” und “Irreführung” betreiben, bitte beim nächsten Mal etwas aufmerksamer lesen. Danke!

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